Wie wirkt sich technologische Innovation auf das Such- und Buchungsverhalten von Reisenden aus? Und wie können Sie Ihren Vertrieb daran anpassen? Diese Fragen haben wir zusammen mit Roland Schegg, Professor an der HES-SO, diskutiert.
Fast monatlich gibt es technologische Entwicklungen. Generative künstliche Intelligenz (KI), sprachgesteuerte Suche und die ständig neuen Funktionen unserer Smartphones sind nur ein paar Beispiele.
Klar ist, dass diese vielen Neuerungen auch das Such- und Buchungsverhalten von Reisenden beeinflussen. Welche wichtigen Trends es im Gästeverhalten gibt, haben Marco Baurdoux und Elisha Schoppig von Hotel-Spider in diesem Livestream besprochen.
Roland Schegg, Professor an der HES-SO und Experte für Hotelvertrieb und Digitalisierung in der Hotellerie, war als Gast dabei. Er teilte fachkundige Einblicke und aussagekräftige Daten zum Thema.
Dieser Blogartikel fasst zusammen, wie Sie das meiste aus dem Status quo und den drei wichtigsten Trends machen können.
Technologie und Reiseplanung: der aktuelle Stand der Dinge
Technologie nimmt bei der Reisplanung und im Hotelvertrieb mittlerweile einen dominanten Platz ein. Daraus ergeben sich die folgenden vier Punkte, die den Online-Vertrieb von heute charakterisieren.
1. Reiseplanung wird immer digitaler
In der Vergangenheit war ein Großteil der Reiseinspiration analog. Sie kam von Reisebüros, Reiseführern, Freunden und Familie. Diese Quellen spielen zwar nach wie vor eine Rolle, aber das Internet übertrifft sie mittlerweile alle.
Interessant ist, wo sich verschiedene Altersgruppen Infos und Inspiration für ihre Reisen holen. Millennials und GenZ schauen besonders viel auf sozialen Medien wie Instagram, TikTok und YouTube. Ältere Gäste lassen sich gerne persönlich beraten, auch wenn sie selbst online recherchieren. Außerdem nutzen sie analoge Quellen wie Prospekte, Kataloge und Reiseführer.
„Diese Daten zeigen, wie wichtig es ist, die richtigen Kanäle für entsprechende Kundensegmente zu wählen. Natürlich wird sich das über die Jahre weiterentwickeln. Bedenken Sie das, wenn Sie Marketingkampagnen planen und überlegen Sie, welche Gäste Sie auch auf lange Sicht gewinnen wollen“, rät Roland.
2. Buchungen über mobile Geräte nehmen weiterhin zu
Egal, ob Gäste über online Reisebüros (OTAs) oder Ihre Hotelwebseite buchen, sie tun es immer häufiger über ihr Smartphone. Laut Daten von Phocuswright werden 2024 50 % aller OTA-Buchungen über mobile Geräte eingehen.
Bei Direktbuchungen wird es ähnlich sein. Das macht es umso wichtiger, dass Ihre Webseite sowie Ihre Buchungsmaske für mobile Endgeräte optimiert sind. Nur so können Sie auch in Zukunft einen soliden Anteil Ihrer Buchungen kommissionsfrei über Ihre Webseite generieren.
Hierzu betont Marco: „Gerade die junge Generation sieht das Smartphone schon fast als Erweiterung ihrer Person. Wenn Sie diese Gäste anziehen wollen, ist Mobiloptimierung unerlässlich. Das Gleiche gilt für Quellmärkte wie Asien. Dort ist der Smartphone-Gebrauch besonders hoch, auch bei älteren Generationen.“
3. Der ewige Kampf um Direktbuchungen geht weiter
Insgesamt bucht heute die Mehrheit der Gäste selbst, sei es über OTAs (44 %) oder direkt über das Hotel (34 %).
„Hier ist interessant, dass je weiter weg Gäste verreisen, desto eher buchen sie über ein Portal. Das liegt daran, dass sie lieber über eine ihnen vertraute OTA buchen als bei direkt bei einem unbekannten Hotel im Gastland“, erklärt Roland.
Was Direktbuchungen angeht, haben Hotels in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. Obwohl noch Luft nach oben ist, sind viele Häuser heute weniger abhängig von OTAs als noch vor einigen Jahren. Gerade Buchungen über die Webseite haben sich zum Beispiel in der Schweiz zwischen 2015 und 2022 mehr als verdoppelt.
4. Weniger Stammgäste
Früher war es gang und gäbe, den Sommer- und/oder Winterurlaub immer in der gleichen Region oder sogar im gleichen Hotel zu verbringen.
„In vielen Destinationen ist das heute anders. Leichterer Zugang zu vielseitigen Angeboten und günstiger Transport, z. B. durch Billig-Airlines, ermöglichen es, weiter weg oder einfach mal woanders hinzufahren. Darum können sich viele Hotels jetzt weniger auf Stammkunden verlassen“, so Roland weiter.
Nach dieser Zusammenfassung der aktuellen Situation ging es im Livestream weiter mit einigen wichtigen neuen Trends zum Thema Gästeverhalten bei der Hotelsuche.
Innovative Technologie: so beeinflusst sie das Buchungsverhalten
Klar, auch in Zukunft werden Gäste noch online recherchieren und buchen. Aber welche neuen Technologien werden ihnen dabei zur Verfügung stehen? Wie werden sich diese Innovationen auf die Recherche auswirken? Und wie können Sie sichergehen, dass Ihr Hotel von alledem profitiert? Die wichtigsten Trends und Tipps von unseren Experten finden Sie hier.
Trend #1: Gäste erwarten Hyper-Personalisierung
Reisende wünschen sich einen immer höheren Grad der Personalisierung. Das gilt vom Angebot bis zum Service vor Ort und stellt Hoteliers vor neue Herausforderungen. Wie können Sie die Gästeerfahrung komplett individuell gestalten, ohne Ihr Team zu überlasten?
Diverse Hoteltechnologieanbieter haben hierfür schon Lösungsansätze entwickelt. Auf der einen Seite steht Automatisierung, die Mitarbeitern Arbeitsschritte abnimmt und mehr Zeit für persönliche Interaktionen schafft. Auf der anderen Seite stehen regelbasierte Algorithmen, die den Suchverlauf und das Buchungsverhalten nutzen, um Gästen relevante Arrangements und Extras vorzuschlagen. Dabei handelt es sich aber nicht um die letzte Generation künstlicher Intelligenz (KI), obwohl das manchmal gerne so angepriesen wird.
Mit modernster generativer KI geht nämlich noch viel mehr. Damit können Sie nicht nur Angebote perfekt auf jeden Gast zuschneiden, sondern auch einen Großteil der Kommunikation automatisieren. KI-gesteuerte Chatbots beantworten viele Anfragen sofort automatisch und begleiten Website-Besucher durch den Reservierungsprozess. Im Nachgang können sie noch weitere relevante Angebote mit Gästen teilen und entsprechende Buchungen ins PMS übertragen. So bleibt Ihrem Team mehr Zeit für die umfangreicheren Anliegen.
„Eine hybride Lösung aus KI-Tools und direkten Interaktionen ist oft optimal. Moderne Customer-Relationship-Management-Programme setzen diesen Ansatz immer mehr um. Damit das funktioniert, müssen Ihr CRM und Ihr PMS miteinander integriert sein. So können beide Systeme bei Bedarf auf Gästedaten zugreifen, um die Kommunikation zu optimieren“, erläutert Roland.
Trend #2: Mehr Bereitschaft zum Tausch von Daten gegen echte Personalisierung
Ein Grund für das große Verlangen nach mehr Datenschutz ist, dass viele Unternehmen potenzielle Kunden mithilfe von automatisierten E-Mail-Kampagnen mit Werbung bombardieren. Mit Personalisierung und einem guten Kundenerlebnis hat das natürlich wenig zu tun.
Da generative KI es jetzt ermöglicht, Gäste gezielt und individuell bei der Reiseplanung zu unterstützen, kann sich diese Tendenz wieder umkehren. Wenn Reisende sehen, dass sie im Austausch für ihre Daten tatsächlich relevante Vorschläge für den nächsten Urlaub bekommen, werden sie eher gewillt sein, ihre Informationen preiszugeben. So sparen sie nicht nur Zeit bei der Recherche, sondern können auch sicher sein, dass die Reise ganz ihren Vorstellungen entspricht.
Hier ergänzt Elisha einen wichtigen Punkt: „Bei automatischer Personalisierung stellt sich auch weiterhin die Frage nach dem Datenschutz. Aber oft geben Menschen ihre Daten gerne Preis, wenn sie dadurch besseren, maßgeschneiderten Service bekommen. Trotzdem ist es wichtig, die Regeln zu befolgen und das Einverständnis einzuholen.“
Trend #3: Sprachgesteuerte Suche nimmt rasant zu
Laut Statista waren 2019 weltweit schon über 3,25 Milliarden Sprachassistenten im Einsatz. Bis 2024 soll diese Zahl auf 8,4 Milliarden ansteigen. Zu diesen Sprachassistenten zählen unter anderem bekannte Lösungen wie Alexa von Amazon, Siri von Apple und der Google Voice Assistant. Aber auch die sprachgesteuerten Bedienungsmöglichkeiten diverser Webseiten, Plattformen, Apps und Bots wurden hier mitgezählt. Google und YouTube sind zwei Beispiele für Plattformen, die mündliche Anweisungen und Eingaben unterstützen.
Früher mussten Nutzer lernen, mit einem eingeschränkten Repertoire an Sprachbefehlen zu arbeiten, um an ihr Ziel zu kommen. Wenn eine Anweisung nicht ins Schema passte, lief die Interaktion ins Leere. Jeder, der versucht hat mit den ersten Website-Chatbots zu kommunizieren, kennt diese frustrierende Situation. Dank der neuen Large Language Models und generativer KI ändert sich das jetzt rasant.
„Viele Geräte und Plattformen werden immer besser darin, mit natürlicher Sprache und komplexen Fragen umzugehen. Nutzer können also ganz normal mit ihren Sprachassistenten sprechen. Darum spielen sie jetzt auch bei der Hotelsuche und Reiseplanung eine immer wichtigere Rolle“, so Marco.
Als Hotel können Sie davon profitieren, wenn Sie Ihre Website-Inhalte für die sprachgesteuerte Suche optimieren. Dazu müssen Sie natürlich zuerst herausfinden, welche gesprochenen Suchen für Ihr Hotel relevant sind.
Elisha schlägt hierfür einen schlauen Trick vor: „Schauen Sie auf Google Analytics, welche überdurchschnittlich langen Suchanfragen Gäste auf Ihre Webseite bringen. Dies sind meistens gesprochene Suchen.“
Nehmen Sie Anfragen, die häufig vorkommen, in Ihren FAQ-Bereich auf. So generieren Sie noch mehr Seitenaufrufe und machen Ihren Websitebesuchern gleichzeitig wichtige Informationen leicht zugänglich.
Ihre nächsten Schritte
Die Welt der Technologie dreht sich immer weiter, bringt Neuerungen und stößt Trends an.
Damit Sie in dieser dynamischen Umgebung erfolgreich bleiben, rät Elisha Folgendes: „Bleiben Sie am Ball, schauen Sie, welche Neuerungen die OTAs und andere Konkurrenten umsetzen und informieren Sie sich darüber, wie auch Sie davon profitieren könnten. Sprechen Sie außerdem mit Ihren Technologiepartnern und teilen Sie ihnen mit, welche neuen Funktionen Sie sich wünschen.“
Dem stimmt Marco zu: „Die Wahl der Technologiepartner ist extrem wichtig. Es muss gut passen und der Anbieter sollte stets ein Auge auf die Trends haben, um sein System immer so schnell wie möglich anpassen und erweitern zu können.“
Das heißt aber nicht, dass Sie gleich bei jedem neuen Trend mitmachen müssen. „Suchen Sie stattdessen Kontakt zu Ihren Gästen, um zu verstehen, wie sich deren Wünsche und Erwartungen ändern. Passen Sie Ihr Angebot entsprechend an, um für Ihre Zielgruppe relevant zu bleiben“, sagt Roland abschließend.